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Neues zum Kopftuchstreit

Mit Verfügung vom 08.12.2004 wurde die Klägerin in Anwendung des § 38 Schulgesetzes des Landes Baden-Württemberg (SchulG) angewiesen, ihren Dienst in der Schule ohne Kopf-bedeckung zu versehen. Nach § 38 SchulG dürfen Lehrkräfte an öffentlichen Schulen in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußeren Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülern und Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören. Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Schülern oder Eltern den Ein-druck hervorrufen kann, dass eine Lehrkraft gegen die Menschenwürde, die Gleichberechti-gung der Menschen nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die frei-heitlich-demokratische Grundordnung auftritt. Die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach der Landesverfassung und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen widerspricht nach § 38 Abs. 2 S. 3 SchulG diesem diesem Verhaltensgebot nicht.

Das Oberschulamt sah in dem Tragen der Kopfbedeckung eine äußere Bekundung, die geeignet sei, die gebotene Neutralität des Landes gegenüber den Schülern und den Eltern zu stören. Dies gefährde zudem den politischen, aber auch den religiösen und weltanschaulichen Schul-frieden. Die Klägerin ist demgegenüber der Ansicht, dass dem Tragen des Kopftuches ein dahingehender Erklärungsgehalt nicht zukomme. Daher sei auch eine Störung des Schulfrie-dens ausgeschlossen. Zudem verstoße die dienstliche Weisung gegen den Gleichheitsgrund-satz, da das Land u.a. nicht gegen Ordensschwestern einschreite, die an einer staatlichen Grundschule in Ordenstracht allgemein bildende Fächer unterrichteten.

Das beklagte Land ist demgegenüber der Ansicht, dass die Ordenstracht vor allem eine christ-liche Tradition abbilde, weil die Orden in der geschichtlichen Entwicklung Europas insbesondere im Bereich der Bildung kulturschöpferisch gewirkt hätten. Dieser Umstand sei bei der Ausgestaltung des staatlichen Erziehungsauftrages zu berücksichtigen.

Die 18. Kammer des VG Stuttgart betonte, dass der neu gefasste § 38 Abs. 2 SchulG auch mit Blick auf übergeordnete Regelungen (GG, EMRK) selbst nicht zu beanstanden sei. Die Kammer stellte zudem klar, dass in dem Tragen eines Kopftuches im Unterricht gegen das Verbot religiöser Bekundungen verstoßen werde. Dennoch werde die Klägerin durch die Praxis der Rechtsanwendung der Vorschrift in ihrem Anspruch auf Gleichbehandlung der verschiedenen Glaubensrichtungen nach Art. 3 Abs. 1 und 3 GG sowie Art. 14 EMRK verletzt: Auch das Ordenshabit sei eine eindeutig religiös motivierte Kleidung und nicht etwa nur ein traditionell getragenes Kleidungsstück ohne religiösen Bezug. Eine Privilegierung christlicher Glaubensrichtungen lasse die landesrechtliche Bestimmung jedoch nicht zu. Das BVerwG habe hierzu ausdrücklich klargestellt, dass die Vermittlung der aus der christlich-abendländischen Kultur hervorgegangenen Werte losgelöst von dem Glaubensinhalt selbst zu erfolgen habe.

VG Stuttgart, Urt. v. 07.07.2006 – 18 K 3562/05

Quelle/Autor: Thomas Köster  

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