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Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Schaffung einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeit
Unterschiedlich beurteilt wird hingegen die Frage, ob Art. 95 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber eine Gliederung in fünf Fachgerichtsbarkeiten auch auf der Ebene der Ländergerichte vorgibt. Teilweise wird dies bejaht, da Art. 95 nicht nur die obersten Bundesgerichte benennt, sondern ausdrücklich auch die ordentliche, die Verwaltungs-, Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit, also von einer funktonalen und organisatorischen Trennung der „Gerichtsbarkeiten“ auch in den Ländern ausgehe. Außerdem folge aus der Stellung eines obersten Bundesgerichts, dass diesem als Rechtsmittelgericht instanzgerichtliche Entscheidungen vorauszugehen haben. Die Abschaffung einer dieser Gerichtsbarkeiten durch einfaches Gesetz ist danach verfas-sungsrechtlich unzulässig (Sachs/Detterbeck a.a.O. Rdnr. 4 m.w.N.).
Nach der Gegenansicht ergeben sich aus Art. 95 GG keine Rückschlüsse für eine Aufgliederung der Ländergerichte (Herzog in Maunz/Dürig GG Art. 95 Rdnr. 42 m.w.N.). Anders als Art. 107 WRV, der Verwaltungsgerichte „im Reiche und in den Ländern“ vorsah, enthalte Art. 95 GG keine institutionellen oder organisatorischen Vorgaben für die Gerichtsbarkeit in den Ländern. Soweit sich aus Art. 95 GG ein Instanzenzug ableiten lasse, sei hierfür keine Gliederung nach Gerichtsbarkeiten erforderlich, vielmehr müsse für den Rechtstreit lediglich in einer den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG genügenden Weise bestimmt werden, welchem Rechtsgebiet er zuzuordnen ist. Gegen eine verfassungsrechtliche Festlegung der Länderebene spreche auch das Bundesstaatsprinzip. Die Organisation staatlicher Aufgabenerfüllung, zu der auch die Rechtsschutzgewährung gehöre, rechne vielmehr zum „Hausgut“ der Länder (vgl. Art. 30, 92 GG). Danach wäre es sogar zulässig für die Instanzen auf Länderebe-ne durch einfaches Gesetz eine einheitliche Gerichtsbarkeit zu schaffen, solange sichergestellt ist, dass auf Bundesebene das jeweils oberste Bundesgericht zuständig bleibt (Herzog a.a.O.).
Auch für die Finanzgerichtsbarkeit gelten danach keine Besonderheiten. Zwar wird diese nach Art. 108 Abs. 6 GG „durch Bundesgesetz einheitlich geregelt". Hierdurch werde jedoch lediglich eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes begründet. Eine institutionelle Garantie organisatorisch selbstständiger Finanzgerichte auf Landesebene ergebe sich daraus nicht.
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Quelle/Autor:
Horst Wüstenbecker